Eine Menge von rund 110 Kugeln Eis isst jeder Bundesbürger pro Jahr, die meisten davon, wenn das Thermometer so wie im Moment die Höchstwerte erklimmt. Damit liegen die Deutschen zwar in der europäischen Gelato-Rangliste nur auf Platz fünf nach den skandinavischen Ländern, aber immerhin fast gleichauf mit den Italienern als Erfinder der kalten Süßspeise. Diese liegen auf Platz vier.
In einer anderen Eis-Statistik aber liegt Deutschland ganz vorn: Bei der Zahl der Eisdielen und Eissalons. Rund 9.000 gibt es in der Bundesrepublik, mehr als irgendwo sonst in Europa. Viele von ihnen kommen aus der „Eisheimat“ Italien, so wie Tiziano Damiano, der sich im niederbayerischen Waldkirchen (Kreis Freyung-Grafenau) derzeit über beste Umsätze freut – und dessen Geschichte die von vielen italienischen Einwanderern ist, die sich in Deutschland eine neue Existenz aufgebaut haben.
Woran man einen guten Eismacher erkennt? „An der Freude im Gesicht“, sagt Damiano. 1991 kam er als junger Mann zum ersten Mal nach Deutschland. Er wollte hier in den Sommermonaten Geld verdienen, um sich ein Motorrad zu kaufen. Der Zufall brachte ihn ins Eisgeschäft. Doch schnell entdeckte er seine Leidenschaft fürs Gelato: Vier Jahre lang kam er jeden Sommer in die Bundesrepublik zurück.
Und dann kam eins zum anderen: Tiziano Damiano lernte seine Frau kennen. Als das erste Kind unterwegs war, fasste er den Entschluss, selbst ins Eismachergeschäft einzusteigen. Mit zwei Eismobilen war das Ehepaar fortan unterwegs; den Nachwuchs immer an Bord. „Manchmal glaube ich, die Leute haben unser Eis nur gekauft, weil unsere Kinder mit im Auto waren“, sagt der „bayerische Italiener“ mit einem Lächeln.
Seit 2015 verkauft der gebürtige Italiener von März bis Oktober Eis in Waldkirchen. Rund 30.000 Kugeln gehen pro Monat über die Ladentheke. „Ich könnte noch weitere Läden aufmachen, in großen Städten mit vielen Kunden, und auf Rezepte von Lieferanten zurückgreifen, aber das will ich nicht“, betont der Eismacher.
„Ich möchte mich auf das Eis konzentrieren und nicht auf den Umsatz in der großen Stadt.“ Auch sein Eismobil gibt es bis heute. Der Familienvater steuert damit Schulen in der Nähe an oder auch Seniorenheime. „Viele Kunden können nicht mehr zu mir kommen, deswegen komme ich zu ihnen. Es ist mir wichtig, auch ältere Leute mit einer Kugel Eis glücklich machen zu können“, sagt er.
Auf die Eishungrigen warten Sorten wie Nougat Caramel, Dunkle Schokolade und Bounty, aber natürlich auch Klassiker wie Erdbeere, Vanille und Stracciatella. „Um neue Sorten entwickeln zu können, braucht man nicht nur Fantasie, sondern auch Erfahrung und Fachwissen“, betont er. Sein Handwerk lernte der Italiener in seiner Heimat. Bis heute reist er regelmäßig zu Fortbildungen Richtung Süden. Sein Zuhause allerdings sei mittlerweile Bayern, sagt er.
Die fachmännische, handwerkliche Herstellung sei ihm sehr wichtig, betont er. Die Konkurrenz ist hart: Denn um eine Eisdiele zu eröffnen, braucht es anders als in vielen anderen Gewerben hier in Deutschland keine bestimmten Voraussetzungen. „Viele Ungelernte bieten dann zugekauftes Eis an – und Industrieeis hat mit echtem italienischen Eis nichts zu tun“, sagt der Eisexperte.
Auf den ersten Blick lasse sich der Unterschied zwischen traditionell hergestelltem und Billigeis jedoch nur sehr schwer erkennen. „Deswegen ist es auch so schwierig, dem Kunden klar zu machen, welches Eis von einem gelernten Eismacher kommt und welches nicht. Es gibt keine Plakette oder ähnliches, die darauf hinweist“, bedauert er.
Zwar haben sich in der Uniteis e.V. handwerklich arbeitende italienische Speiseeishersteller zusammengeschlossen. Für den Kunden sei das Logo aber noch zu unbekannt. „Wer gelernt hat, auf traditionelle Weise italienisches Speiseeis herzustellen, für den ist Billigeis Betrug. Ein Eis muss cremig sein, die Zutaten müssen harmonieren und richtig verarbeitet werden – sonst ist es kein Eis, sondern lediglich ein eingefrorenes Dessert.“
Seit 2008 kann man in Deutschland den Beruf der „Fachkraft für Speiseeis“ erlernen. Das hat Tochter Isabella getan. Inzwischen sorgt sie dafür, dass die Eistruhe mit allerlei Köstlichkeiten gefüllt ist. Die Eismanufaktur Damiano ist ein reiner Familienbetrieb. Filialen will er nicht eröffnen. „Das Tolle an meinem Job ist, dass die Menschen zu mir kommen, wenn sie gut gelaunt sind. Die Sonne scheint, es ist Sommer, man ist gut drauf und hat auch mal Zeit für einen kurzen Plausch. Im industriellen Massenbetrieb kann ich das nicht genießen“, sagt er.
Quelle: obx-news / Fotos: obx-news, Handwerkskammer Niederbayern-Oberpfalz
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