Rebekka Reinhard ist Philosophin, Keynote-Speakerin und Bestseller-Autorin. Sie beschäftigt sich mit Führung, Ethik sowie weiblicher Macht und will Frauen ermutigen, umzudenken und ganz bewusst nach Macht zu greifen. Für ein erfülltes privates sowie berufliches Leben.
Ihr jüngstes Buch heißt Kleine Philosophie der Macht – nur für Frauen. Hier ist unser Gespräch aus München.
Rebekka, was ist Macht überhaupt?
Mir ist aufgefallen, dass der Begriff „Macht“ in öffentlichen Diskussionen oft nicht richtig definiert wird, da wird oft mit einem sehr schwammigen Begriff hantiert. „Macht“ geht zurück auf das altgotische „magan“ und heißt soviel wie machen, können oder vermögen. Macht ist ein Potential, etwas, das in uns liegt und das nach außen getragen werden soll. Damit ist mein Begriff von Macht erst einmal neutral und gänzlich genderunspezifisch.
Warum tun sich Frauen denn mit Macht so schwer?
Macht ist für uns diffus männlich konnotiert. Ich habe mit vielen Frauen darüber gesprochen und dabei festgestellt, dass Macht etwas ist, was sie als bedrohlich oder unheimlich empfinden. Sie assoziieren Macht mit Großkonzernen oder mit Persönlichkeiten wie Wladimir Putin oder Recep Tayyip Erdoğan und verbinden sie mit Zwang, Kontrolle, Gewalt und Unterdrückung.
Spontan bringen Frauen Macht selten mit ihrer eigenen Persönlichkeit in Verbindung. Ich meine aber: Macht ist nicht per se gut oder schlecht, sondern es kommt darauf an, was wir mit ihr anstellen.
Welche Rolle spielt Macht im Unternehmen?
Eine ganz entscheidende! Sobald ich in ein Unternehmen eintrete, um „mächtig“ zu werden, muss ich mich mit anderen Männern und Frauen auseinander setzen, die in Macht- oder Ohnmachtverhältnissen zueinander stehen.
Gleichzeitig gibt es aber auch eine normierende Macht der Unternehmen: Firmen geben Verhaltensweisen vor und prägen so das Verhalten aller Mitarbeiter. Solche ungeschriebenen Rituale machen Frauen unfrei.
Angenommen, ich wäre eine Frau. Wie entwickle ich dann Freude an Macht?
Es gibt viele Dinge, die Frauen an ihrer Machtentfaltung hindern, wie zum Beispiel Stereotype: Mit „der Frau“ assoziiert man traditionell Weichheit und Schwäche. Wer als Frau nach oben kommen will, muss sich mit so etwas auseinander setzen. Jede Frau sollte sich zuerst fragen: Was will ich?
Wofür lebe ich? Wie kann ich meinen Anspruch auf Freiräume umsetzen? Dann sollte sie sich auf die Suche machen, um herauszufinden, wo sie am mächtigsten sein kann: In einem Großkonzern? In einem Start-up? Oder als Freiberuflerin?
Was können Frauen denn ganz konkret tun, um sich zu „ermächtigen“?
Sich die Fragen zu stellen, die ich eben genannt habe, ist absolute Grundvoraussetzung. Ich stelle aber auch immer wieder fest, dass Frauen sich selbst einen Maulkorb anlegen. Dabei sollten wir uns klar artikulieren! Und damit meine ich nicht unbedingt, dass man ein Stimm- oder Charisma-Training
absolvieren sollte.
Sondern dass man sich bewusst machen sollte, dass Sprechen immer auch Handeln ist. Mit dieser Einstellung sollte man in jedes Meeting gehen. Wenn ich etwas sage, handle ich – und auch wenn ich nicht spreche, handle ich. Legt den Maulkorb ab, Frauen!
Haben Frauen Angst davor, nicht gemocht zu werden, wenn sie zu mächtig auftreten?
Ja, die Angst vor „Liebesverlust“ spielt eine entscheidende Rolle. Traditionell ist die Frau die Sorgende, die die Familie zusammenhält, anstatt sich zu profilieren. Das sind Konventionen, die weit zurückreichen und bis heute nachwirken. Diese Rolle ist nicht per se schlecht, sie wird nur dann zum Problem, wenn das in der Frau selbst in Konflikt gerät mit ihren eigenen beruflichen Ambitionen.
Frauen sollten ihr Bedürfnis nach Zuwendung umdefinieren: Man kann sowieso nicht von allen geliebt werden, aber respektiert werden schon – und das ist auch die viel ehrlichere Form der Zuwendung im Beruf.
Welche Rolle spielen Vorbilder auf diesem Weg?
Es gab auch in der Vergangenheit so viele mächtige, mutige Frauen! Oder noch besser: Sei selbst Dein eigenes Vorbild.
Rebekka Reinhard engagiert sich auf der HerCareer, der Karriere- und Existenzgründungsmesse für Frauen, die am 13. und 14. Oktober 2016 im MTC in München stattfindet.
Fotos: © Tanja Kernweiss (1), shots.media (1)
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