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Mercedes-Benz handelte einst mit legalen Suchtmitteln, welche die Herzfrequenz eines jeden Gentleman Driver in bedenkliche Bereiche katapultieren. In denen man unter bewundernden Blicken innereuropäische Grenzen passieren konnte.
Ein Rückblick voller Emotionen auf den Mercedes-Benz SLR McLaren Roadster, den ich vor einigen Jahren live über sehr viele Kilometer am Steuer erlebt habe.
Der Verführwagen heißt Mercedes-Benz SLR McLaren Roadster und stand für eine Ausfahrt von Stuttgart nach Monte Carlo bereit. Achthundert Kilometer durch Deutschland, die Schweiz, Italien und Frankreich bis nach Monaco. Damals eine Tour mit einer Überdosis an Freude und Leidenschaft.
Hier einzusteigen ist ungewöhnlich, aber leichter, als man vor dem ersten Versuch zu denken vermochte. Mit dem rechten Fuß zuerst in den SLR, mit dem eigenen Heck gekonnt die Sitzfläche anvisieren und dann das linke Bein nachziehen. Ein Griff nach oben zieht sanft die Flügeltür des SLR McLaren Roadster zu – der Kenner ist angekommen im Epizentrum des automobilen Verlangens.
Die Coupé-Version dieser Produktion von Mercedes und McLaren gibt es bereits seit 2003. Beide Unternehmen stellten für den Bau des Supersportwagens hauseigene Komponenten zur Verfügung: Mercedes-AMG brachte den faszinierenden Motor und das Fahrwerk ein. Motorsportgröße McLaren setzte die Planungen mit Kohlefaser um. Offizielle Beziehungen zur Formel 1 sind bei diesem Fahrzeug nicht unerwünscht, wie man bei Betrachtung der Front unschwer sehen kann.
Allerdings ist der Antrieb bei der Vorderachse als Frontmittelmotor plaziert und sitzt nicht – wie in der Formel 1 – hinter dem Steuermann. Damals hatten die Macher des SLR eine offene Variante nachgelegt. Genau wie beim legendären W198, der klassischen Ikone, die von 1954 bis 1957 als Mercedes 300 SL Coupé mit Flügeltüren und von 1957 bis 1963 als Roadster angeboten und von den Kollegen aus der automobilen Fachpresse zum Sportwagen des vergangenen Jahrhunderts gewählt wurde.
Andere Zeit, anderes Auto. In den Karbonsitzen ist es erstaunlich bequem. Das puristische Innendesign wird von Karbon und Aluminium geprägt; alle Ablageflächen sind mit edlem Leder bezogen. Radio- und Navigationseinheit fallen klein und ohne DVD-Bildschirm, aber funktional aus. Die große Blende in der Mittelkonsole, die bei Bedarf Radio und Navigationsgerät verdeckt, zeigt den Insassen, wo sie sich gerade befinden: Der SLR-Schriftzug fällt sofort ins Auge. Alles fühlt sich gut an. Gelungenes Haptik-Design.
Auf den nächsten achthundert Kilometern wird es ausgiebig Gelegenheit geben, die anderen Eigenschaften und Vorzüge des Roadsters kennenzulernen. Schade nur, daß das High-Speed-Areal gleich nach dem Start wartet. Die Strecke von Stuttgart bis zur Schweizer Grenze ist die einzige Route, auf der offiziell und gewissensfrei Gas gegeben werden darf. Per Knopfdruck erwacht der 5,5-Liter V8 aus dem Schlaf. Ein vielversprechendes Leerlauf-Grummeln deutet an, welches Potential in der kompressorgeladenen Antriebseinheit schlummert.
Nach wenigen Kilometern langsamen Einfahrens ist die Autobahn erreicht. Nur noch circa hundertsechzig Kilometer bis zur Schweiz, also keine Zeit zu verlieren. Den Druck auf das Gaspedal quittiert der Bolide mit einer Symphonie, die einer Mischung aus mehreren, süchtig machenden Komponenten gleichkommt: Da ist das böse Blubbern aus den Sidepipes, das einen Vergleich zu reinrassigen Musclecars nicht scheuen muß. Parallel dazu schreit und heult der Kompressor mit ohrenbetörenden Lauten und wird dabei vom Donnern und vom Grollen des V8 begleitet. Ein phänomenales Gesamtklangbild.
Zu diesen Gänsehaut bereitenden Erfahrungen beim Beschleunigen gibt es, wie ich später feststellen werde, nur noch eine Steigerung: Tunnel, Tunnel jeglicher Art. Egal, ob lang oder nicht. Die Geräuschkulisse, die ein kurzer Tritt aufs Gaspedal beim Unterqueren von Bergen, Gewässern oder anderen Hindernissen mit sich bringt, ist definitiv kaum zu toppen. Nachdem der SLR Roadster mit seinen 626 PS die Offenbarung des automobilen Daseins geliefert hat, wird die Dosis erhöht. Unter vollem Druck räumt die Formel 1-Nase den Verkehr zur Seite.
Während dieses Vorgangs preßt der Kompressor dem 5,5 Liter Motor mehr als 1,8 Tonnen Luft pro Stunde in die Brennräume. Begleitet von brachialen 780 Newtonmetern Drehmoment, die gefühlt permanent zur Verfügung stehen, brennen die 295er Reifen ihre Spuren in den Asphalt (Tipp: Machen Sie sich bereit für ein Festmahl auf den Walzen von Win Sum Dim Sum). Die fünf Gänge der Automatik schalten dabei bis zu Geschwindigkeiten von über 300 km/h perfekt durch. Bei Bremsvorgängen wird die Keramikbremsanlage von der Airbrake unterstützt. Die Airbrake, die beim kräftigen Tritt aufs Bremspedal ausfährt und sich wie ein Fallschirm in den Fahrtwind stellt, hat einiges auszuhalten. Besonders im Rückspiegel ist dieser Anblick hochinteressant.
In der Schweiz angekommen, wird es in der Nähe von Zürich Zeit für einen Lunchstopp. Der Schlüssel liegt auf dem Tisch und lächelt den Fahrer an, der eigentlich nicht viele Gedanken an das vorzügliche Menü verschwenden kann. Bloß nicht zu lange speisen, damit sich das sensationelle Fahrgefühl schnell wieder einstellt. Aufgrund des tollen Wetters entscheiden wir uns dafür, in den speedlimitierten Zonen Resteuropas das Verdeck zu öffnen. Der Hauptteil des Verdecks ist aus Aluminium hergestellt, aus optischen Gründen allerdings mit Stoff bezogen. Diese Konstruktion sorgt dafür, daß der Mercedes-Benz SLR McLaren Roadster hochgeschwindigkeitsfest ist. Das Öffnen funktioniert einfach, schnell und halbautomatisch. Zuerst wird im Innenraum manuell entriegelt, dann schwebt das schön verarbeitete Verdeck nach hinten.
So entpuppen sich weitere faszinierende Seiten an diesem Automobil. Souveräne Überlegenheit und grenzenlose Coolness. Den Konstrukteuren ist es perfekt gelungen, das Gefühl der klassischen Modelle wie etwa des W198 in den SLR Roadster zu transportieren. Trotz aller Sportlichkeit, trotz aller Modernität: Stilvoll läßt sich das Traumcabrio über die Land- und Paßstraßen pilotieren. Auch bei dieser Fahrweise verrichtet die Automatik einen tollen Job. Im unteren Drehzahlbereich klingt der SLR offen und bei gemäßigter Fahrweise wie ein satter V8, der jedoch jederzeit über die richtige Menge an Reserven verfügt.
Das ist kein Wunder, bewegen sich doch 99,99 Prozent der anderen Verkehrsteilnehmer in Leistungsbereichen, die vom SLR so weit entfernt sind wie Karl Dall von einer Eheschließung mit Paris Hilton. Kurzes Zwischenbeschleunigen zum zügigen Überholen erfordert kaum mehr als 3.000 Umdrehungen. Im Gotthard-Tunnel lasse ich es offen krachen: Abstand zum Vordermann, Kickdown, Abbremsen. Nur selten dürften die altehrwürdigen Wände dieses Bauwerks mit solch edlen Klängen verwöhnt worden sein.
„Ah, que bella macchina“, empfängt mich der Tankwart in Italien handschüttelnd beim Auffüllen des SLR. Obwohl er uns zu erklären versucht, daß er schon immer Ferrari-Fan sei, müssen wir ihm zehn Minuten für Fotos aus allen Perspektiven gewähren. Bei außergewöhnlichen Spielzeugen wie dem SLR Roadster sind wir Männer fast alle gleich; hier kommt es in erster Linie auf die Begeisterung und die Sympathiebekundungen an. Mehr als die Hälfte der Strecke ist absolviert, und nun liegen noch Autobahnfahrten in Italien und Frankreich vor uns.
Der SLR reiht sich vernünftig in den fließenden Verkehr ein. Beim Passieren der Mautstellen verleitet die Leichtigkeit des Supersportwagen-Daseins zu kurzen Beschleunigungsorgien, die sich alsbald wieder am Geschwindigkeitslimit orientieren. In der Dunkelheit erreichen wir Frankreich, und nach den letzten siebzig Kilometern auf der Landstraße tänzelt unser SLR durch die engen Gassen von Monte Carlo, um schließlich auf die „Place du Casino“ einzubiegen.
So lange Strecken werden die wenigsten Besitzer mit ihrem SLR Roadster am Stück bewältigen. Wer nicht vorhat, einen SLR zu erwerben, der sollte ihn auch nie fahren, auch wenn sich die Möglichkeit bietet. Durch die Faszination des perfekten Geschwindigkeitsrauschs, begleitet von unvergleichlichem Sound und massiver Beschleunigung, setzt Mercedes-Benz beim Fahrer ein Begehren frei, das man immer wieder aufs Neue erleben möchte.
Der SLR Roadster ist ein perfekter Supersportwagen im edelsten sprichwörtlichen Designeranzug, der jeder Situation souverän gewachsen ist und der Konkurrenz pure Panik in die Gene treibt. Überlegen, brachial und cool. Ab knapp 500.000 Euro kann es keinen besseren Verführwagen geben.
Ach so, also der Preis bezieht sich übrigens auf damals. Heutzutage werden diese seltenen Boliden zwischen 700.000,- und 900.000,- Euro gehandelt. Wird schwierig, diesen Verführwagen zu ergattern…
Disclaimer: Die hier abgebildeten Produkte wurden uns zum Testen zur Verfügung gestellt.
Advertorial / Fotos: Mercedes-Benz (Hinweis: Dieser Artikel stammt aus dem persönlichen Archiv des Autors und wurde bereits in Printmagazinen veröffentlicht.)
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