Wenn Automobile plötzlich keinen Fahrer mehr haben und stattdessen allein von unsichtbaren digitalen Befehlen gesteuert ihre Wege suchen, hat das für viele Zeitgenossen etwas Unheimliches.


Vertrauensbildende Maßnahmen, wie der Augenkontakt zum Fahrer – der ist in diesem Szenario nur noch Passagier – entfallen, und die Frage, hat mich die Technik registriert, wenn ich jetzt die Straße überquere, erzeugen Ängste und Verunsicherung.

Wie lässt sich also die digitale Transformation so vermitteln, dass die Menschen dieser neuen Technik vertrauen und sie nicht als Bedrohung, sondern als Chance begreifen? Ein allgemein sichtbarer Teil dieser Entwicklung wird das autonome Fahren sein, mit dem sich die Technikgeschichte irgendwie wiederholt.

Denn als die ersten pferdelosen Kutschen auftauchten, waren die Menschen wahrscheinlich ebenfalls äußerst verunsichert und hatten zunächst wenig Vertrauen in die neue Technik. Damals brauchten sie allerdings nicht ihr gewohntes Verhalten zu ändern. Statt mit dem Kutscher nahm man den Blickkontakt mit dem Fahrer auf, um herauszufinden, was der Automobilist vorhatte. Beim autonom fahrenden Automobil ist das nun anders.

Mercedes-Benz S-Klasse mit 360-Grad-Lichtsignalisation für autonome Fahrten
Mercedes-Benz S-Klasse mit 360-Grad-Lichtsignalisation für autonome Fahrten

Denn die Maschine ist ziemlich egoistisch und entsprechend gefühllos, wenn sie ihren Weg sucht. Zwar reagiert sie auf ihre Umwelt, doch die vermag eben nicht auf Anhieb einzuordnen, ob und wie das Fahrzeug reagiert. Um eine neue Vertrauensbasis zwischen Maschine und Mensch herzustellen, hat Mercedes-Benz jetzt auf einem Workshop „Future Insight“ in Berlin das Konzept des kooperativen Fahrzeugs vorgestellt, mit dem eine neue Verständigung zwischen dem autonomen Mobil und seiner Umwelt hergestellt wird und so ein „informiertes Vertrauen“ entsteht.

„Menschen müssen schnell und zuverlässig einschätzen können, was ein autonomes Fahrzeug als nächstes tun wird. Das Fahrzeug muss daher in einer Art und Weise über seine Absichten informieren, die der Mensch unmittelbar und intuitiv erfassen kann“, erklärt Daimler-Futurologist Alexander Mankowsky.

Als Basis für das kooperative Fahrzeug wählten die Zukunftsforscher eine S-Klasse und statteten die Limousine mit einer 360-Grad-Lichtsignalisation aus, die irgendwie an eine Lichtorgel aus der Discothek erinnert. Türkisfarbene Leuchtbänder auf dem Dach, im Kühlergrill, an den Außenspiegeln informieren Passanten und den restlichen Verkehr, dass man autonom unterwegs ist. Die Leuchten auf dem Dach zeigen an, dass die Limousine abbremst (langsames Blinken) und ein Überqueren der Straße möglich ist.

Außerdem verfolgen die Leuchtdioden die Bewegungen der Menschen und zeigen ihnen so an, dass sie wahrgenommen werden.
Mit diesen Signalen spiegelt das Fahrzeug den bisher üblichen Blickkontakt, wie er zwischen Fahrer und Fußgänger ablaufen würde. Mit einem schnellen Blinken wiederum zeigt die Limousine dem Rest der automobilen Welt, dass sie bald weiterfahren wird.

Mercedes-Benz S-Klasse mit 360-Grad-Lichtsignalisation für autonome Fahrten
Mercedes-Benz S-Klasse mit 360-Grad-Lichtsignalisation für autonome Fahrten

Die geparkte S-Klasse als kooperatives Fahrzeug zeigt auch vor dem Start, dass sie bereit ist. Auch dafür wurde ein eigenes Lichtsignal entwickelt – und außerdem heben sich zunächst das Heck und dann die Front. Damit soll an ein Lebewesen erinnert werden, dass aufwacht und sich räkelt.

Farbe und Ausmaß der optischen Signale wurden in Studien unter der Leitung von Stefanie Faas aus dem Bereich Innowerkstatt definiert. Tests in Sindelfingen und auf dem neuen Gelände in Immendingen ergaben, dass sich Fußgänger sicher fühlen, wenn das Automobil über eine 360-Grad-Signalisierung verfügt.

„Vor allem bei Situationen, in denen die Menschen Blickkontakt mit dem Fahrer aufgenommen haben, wünschen sich die Menschen ein optisches Signal. Außerdem wollen sie sehen, dass das Auto im autonomen Modus unterwegs ist“, erklärt Stefanie Faas. Die Tests ergaben auch, dass sich Türkis am besten als Signalfarbe eignet, weil es sich deutlich von den anderen optischen Signalen im Verkehr abhebt.

Allerdings werden diese Form der optischen Signale und vor allem ihre Integration in die Karosserie die Designer vor eine gewaltige Herausforderung stellen. Unheimlich…

Fotos: Auto-Medienportal.Net, Daimler / Quelle: ampnet, ww

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Rubriken: Motor