Es war ein leiser Abgang: Ohne viel Aufhebens sind Dieselmotoren aus dem Porsche-Modellprogramm verschwunden, umso heftiger trumpfen jetzt die Teilzeit-Stromer auf. Mit dem Cayenne E-Hybrid setzt der Hersteller die eigene Umlackierung in grüne Farbtöne fort. Ob er als ökologisch unbedenklicher Ersatz für den Selbstzünder taugt, klärt unsere Praxis-Testfahrt.


Einst wurden sie von Öko-Aktivisten als „Klimaschweine“ geschmäht, künftig soll die Cayenne-Baureihe aber nicht nur an grünen Bremssätteln als umweltverträglich erkennbar sein. Bis zu 44 Kilometer kann der neue Cayenne E-Hybrid rein elektrisch, also emissionsfrei fahren, sagt der Hersteller, und das sogar mit bis zu 135 km/h. Wer es schneller braucht, tritt einfach kräftig aufs Gas und der Drei-Liter-Verbrennungsmotor schaltet sich zu. Dann ist erst bei 253 km/h Schluss.

„Wir schauen, wie dieses Jahr ohne Dieselantriebe läuft und ob es auch ohne Diesel geht“, sagte Vorstandschef Oliver Blume im März 2018. Und obwohl die Marke am Jahresende gegenüber dem Vergleichsmonat in Deutschland einen erheblichen Schwund an Neuzulassungen hinnehmen musste, offenbart die Zulassungsstatistik des Kraftfahrt-Bundesamtes Erstaunliches: Die Zahl der Anmeldungen für den Typ Cayenne wuchs 2018 um fast 25 Prozent, der Anteil der Hybride darin hat sich mehr als verdoppelt.

Porsche Cayenne E-Hybrid (2019)
Porsche Cayenne E-Hybrid (2019)

Die Verstromung des Angebots ist nicht als Konsequenz der Diesel-Malaise anzusehen, denn bereits 2007 rollte der erste Prototyp eines Hybrid-Cayennes auf die Straße. Dass die Elektrifizierungsstrategie von den Kunden positiv aufgenommen wird, meint Porsche daran zu erkennen, dass bereits rund 60 Prozent der in Europa bestellten neuen Panamera-Limousinen Teilzeit-Stromer sind. Der Cayenne mit Kabelanschluss neuester Prägung kann sich rühmen, wenigstens temporär ein laut- und abgasloses SUV zu sein.

Das Batteriepaket, das dazu nötig ist, ist etwa so groß wie ein Drei-Wochen-Ferienkoffer. Im Unterschied dazu wiegt es aber 130 Kilogramm. Gemeinsam mit den notwendigen Nebenaggregaten sorgt die elektrische Ausstattung für rund 300 Kilo Zusatzgewicht. Offiziell bringt das Fahrzeug 2.295 Kilo Leergewicht auf die Waage. Rechnet man die Assistenz- und Komfortausstattungen hinzu, die Porsche-Kunden gern und reichlich ordern, dürften nur wenige Exemplare mit weniger als 2,4 Tonnen Eigenmasse in den Verkehr kommen. Der Testwagen wog mit einem Viertel an Tankinhalt 2.430 Kilogramm.

Porsche Cayenne E-Hybrid (2019)
Porsche Cayenne E-Hybrid (2019)

Angesichts dessen erscheinen die Fahrleistungen des E-Hybrid phänomenal. Der zweitürige Porsche Cayman wiegt weniger als die Hälfte davon und braucht eine Zehntelsekunde länger, um auf 100 km/h zu spurten. Dazu ist allerdings die Aufbietung aller verfügbaren Kräfte nötig, was mittels des Drehschalters am Lenkrad geschieht. Steht der auf „Sport Plus“, dann wird auch die neue Sportabgasanlage umgeschaltet und gibt einen herzhaften, zu rasanter Gangart bestens passenden Motorsound ab.

Die wählbaren Fahrmodi passen Leistungs- und Fahrwerkcharakteristik an. Lediglich im Normalmodus ist eine gewisse Zurückhaltung bei spontanem Gasgeben spürbar, etwa so, als „überlege“ die Steuerungselektronik einen Moment, wie das Zusammenspiel von Verbrennungs- und E-Motor wohl akut am besten zu organisieren sei.

Das Gefühl, es erneut mit einem „echten Porsche“ zu tun zu haben, bleibt davon unbeeinflusst. Hohe Agilität, beeindruckende Längs- und Querdynamik, unmittelbare Lenkreaktion und präzises Spurverhalten kennzeichnen auch diese Neuschöpfung, denn das Zusammenspiel von 340 PS starkem Otto- und 136 PS leistendem Elektro-Motor generiert eine Systemleistung von 462 PS. Maximal 700 Newtonmeter Drehmoment sind nicht nur für gewaltigen Schub aus dem Stand gut, sondern erfüllen auch Zugkraftwünsche für Pferde- oder Bootsanhänger bis 3,5 Tonnen.

Porsche Cayenne E-Hybrid (2019)
Porsche Cayenne E-Hybrid (2019)

Für den Praxisbetrieb nicht geeignet ist allerdings die Erwartung, das SUV könnte mit dem offiziellen Verbrauchswert von 3,2 bis 3,4 Liter Superkraftstoff je 100 Kilometer auskommen. Er errechnet sich auf der Basis der seinerzeit geltenden EU-Norm und kommt aufgrund einer erhöhten Gewichtung des elektrischen Streckenanteils zustande.

Wer zum Beispiel als Pendler seinen Cayenne an den jeweiligen Zielorten an eine Ladesäule anschließt, kann 100 Kilometer auch leicht mit null Litern Sprit fahren. Dann werden um die 27 Kilowattstunden (kWh) elektrischer Energie je Normdistanz fällig. Muss mehr mit Benzin gefahren werden, sind neun bis zehn Liter für den Verbrauch je 100 Kilometer eine realistische Zielgröße.

Porsche Cayenne E-Hybrid (2019)
Porsche Cayenne E-Hybrid (2019)

Zu den Neuigkeiten in der Ausstattungsliste gehören ein Head-up-Display, Lade- und Klimasteuerung per Smartphone, 22 Zoll Räder, Massagefunktion für die Sitze, automatisches Ein- und Ausparken sowie eine Vielzahl anderer Annehmlichkeiten. Eine „InnoDrive“ genannte Funktion errechnet auf der Grundlage von Navigationsdaten optimale Beschleunigungs- und Verzögerungswerte für Kurven, Steigungen und Tempolimits.

Freilich kostet sie mehr als 3.000,- Euro Aufpreis. So kann man den Preis des Cayenne E-Hybrid schnell in Richtung sechsstelliger Werte treiben. „Nackt“ kostet er 89.822,- Euro. Der Testwagen, zusätzlich ausgestattet zum Beispiel mit 21 Zoll Felgen, Hinterachslenkung, Nachtsichtassistent, adaptiver Luftfederung, Alcantara-Dachhimmel und Burmester-Soundsystem – um nur die kostspieligsten zu nennen – kam auf 132.108,- Euro.

Porsche Cayenne E-Hybrid (2019)
Porsche Cayenne E-Hybrid (2019)

Fazit: Das Versprechen des Herstellers, sportliche Fahrleistungen mit minderem Verbrauch und teilweise emissionsfreier Fortbewegung zu verbinden, kann als erfüllt angesehen werden. Gleichzeitig sorgt die Preisgestaltung dafür, dass viele Autofahrer sich die Frage gar nicht stellen müssen, ob ein elektrifizierter Cayenne für sie eine Alternative wäre.

Im direkten Vergleich – und angenommenen 1,30 Euro für den Liter Diesel sowie 30 Cent für die Kilowattstunde Strom – schnitte der E-Hybrid etwas günstiger ab als der Selbstzünder – vor allem, wenn der Fahrstrom aus Windkraft käme.

Fotos: Auto-Medienportal.Net, Axel F. Busse, Porsche / Quelle: ampnet, afb

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Rubriken: Motor