Bereits in zehn Jahren dürfte, glaubt man den positiven Prognosen, jedes dritte Neufahrzeug auf Deutschlands Straßen ein Elektroauto sein. Größte Herausforderung: Den enormen Energiebedarf über das Stromnetz abzudecken.
Von den Netzen hängt es ab, ob die Umstellung auf die E-Mobilität langfristig gelingt. Denn es besteht die Gefahr, dass das Stromnetz instabil reagiert oder gar zum Teil ausfällt, wenn sehr viele E-Fahrzeuge gleichzeitig laden und das Stromnetz nicht ausreichend ausgebaut ist.
Forscher der Universität Passau haben ein Konzept entwickelt, wie das „Smarte Laden“ künftig funktionieren könnte. Sie setzen dabei vor allem auf die Intelligenz der Informationstechnologie.
Weil der Ausbau der Stromnetze teuer ist und vor allem Jahrzehnte braucht, entwickelten die Wissenschaftler der Universität einen anderen Ansatz. Im Rahmen des von der Europäischen Union geförderten Projekts „Electrific“ untersuchten sie, wie sich das bestehende Netz mit Hilfe von künstlicher Intelligenz optimieren lässt.
„Intelligent laden – das fasst unsere Strategie am besten zusammen“, sagt Professor Hermann de Meer, Projektleiter und Inhaber des Lehrstuhls für Informatik mit Schwerpunkt Rechnernetze und Rechnerkommunikation an der niederbayerischen Hochschule.
Das Passauer Team setzt auf ein zweistufiges Steuerungskonzept für das smarte Laden: Mit dessen Hilfe können Netzbetreiber Spannungs- und Lastdaten im Blick behalten. Um eine Netzüberlastung zu verhindern, verlagert der Algorithmus in einem Planungsschritt künftige Ladeprozesse in andere Netzbereiche oder auf andere Uhrzeiten.
„Unser Ampelsystem zeigt den Zustand des Netzes an“, sagt Dominik Danner, Doktorand am Lehrstuhl von Professor de Meer. Wenn trotz frühzeitiger Ladeplanung Überlastung durch laufende Ladeprozesse droht, weil zu viele Fahrzeuge gleichzeitig geladen werden, gleicht der reaktive Teil des „Smart-Charging“ Konzepts dies durch kurzzeitig reduzierte Ladeleistung automatisch aus.
Das Konzept bestand auch bereits einen groß angelegten Praxistest. Als reales Testlabor für ihre Überlegungen diente den Forschern die niederbayerische Kleinstadt Vilshofen. Dort betreibt unter anderem Bayerns größter privater Netzbetreiber eine Elektroflotte inklusive gut ausgebauter Lade-Infrastruktur.
Über einen Zeitraum von eineinhalb Jahren beobachteten die Passauer Informatiker das Netzgebiet, das einige Häuserblocks und acht Ladeterminals umfasst. Das Ergebnis: Selbst, wenn alle acht Stationen belegt waren, kam das ausreichend ausgebaute Netz nicht an seine Grenzen. Die Fahrzeuge machten im Maximum etwa die Hälfte der Gesamtleistung aus.
Die smarten Lade-Ideen der niederbayerischen Spezialisten sollen künftig helfen, die E-Mobilität in Europa zu revolutionieren: Die Technische Universität Prag programmierte beispielsweise mit Hilfe der Passauer Erkenntnisse zum Stromnetz einen intelligenten Routenplaner, der dem Fahrer Ladezeiten vorschlägt, die Netzauslastung, den Anteil an Ökostrom und die Batterie des Fahrzeugs berücksichtigen.
Eine erste Version dieses Routenplaners hat das Forschungsteam in den Autos im Bayerischen Wald und Böhmerwald getestet…
Shots Magazin / © Fotos: Unsplash, CCO Public Domain / Quelle: obx-news
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